Das Vorbild
Die preußische S101 der Bauart 1911 war eine der markantesten Schnellzugdampflokomotiven auf deutschen Gleisen. Mit dem niedrigen Umlauf, den Radkästen sowie den zurückverlegten Außenzylindern nach Bauart De Glehn war sie ab 1911 für die KPEV im Schnellzugdienst unterwegs. In der Entwicklungsgeschichte ist sie damit sehr eng mit der Maschinenfabrik Grafenstaden in Elsass-Lothringen verbunden, der Wirkungsstätte des leitenden Direktors Alfred De Glehn. Dieser hatte die Entwicklung von 4-Zylinder-Verbundlokomotiven in Europa eingeführt.
Dagegen war die preußische S101 der Bauart 1914 einerseits eine Weiterentwicklung der Bauart 1911 mit dem Ziel der Masseeinsparung. Die schweren Rahmenversteifungen konnten durch Zusammenlegung der 4 Zylinder auf eine Linie entfallen. Dadurch konnte eine Vorwärmeranlage zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit eingebaut werden. Andererseits war sie durch ihre Triebwerksanordnung der preussischen S9 (Baujahr 1907) sehr nahe. Sie verkörpert damit eine Synthese dieser beiden Entwicklungslinien.
Bis zum Erscheinen der großen Einheitslokomotiven der Baureihe 01 und 03 waren die Lokomotiven der S10-Familie DIE Schnellzuglokomotiven Nord- und Ostdeutschlands. Neben schweren Schnell- und Eilzügen zogen sie unter anderem den Luxuszug „Nord-Express“ der CIWL. Nach dem 2. Weltkrieg konnte die Deutsche Bundesbahn auf die S101 aufgrund der hohen Anzahl von Einheitsdampflokomotiven verzichten. Bei der Deutsche Reichsbahn (Ost) blieben die S101 bis Anfang der 1960er Jahre im Einsatz. Im Verkehrsmuseum Dresden steht die letzte erhaltene S101, die 17 1055, beschriftet als „1135 Osten“.
Einige S101 wurden ab 1913 direkt nach Elsass-Lothringen geliefert. Weitere kamen als Reparationsleistung hinzu. Dort fuhren sie vor Luxuszügen bis ins schweizerische Basel. Durch den Einbau eines ACFI-Vorwärmers in den 1920er Jahren änderte sich auch das Erscheinungsbild. 1938 wurden bei Gründung der Staatsbahngesellschaft SNCF die Lokomotiven als 1-230.G bezeichnet. Die S101 wurden bis 1956 unter anderem beim Bw Thionville eingesetzt und im Anschluss ausgemustert.
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